Der große Tathagata:
Lockruf aus dem lodernden Flammenhaus

Kommentar: Eine Liebes-Erklärung

Teil 3: Kommentierung der einzelnen Kapitel
XXIII/XXI-A. Schild-Kröte: Kraft in der Einung

→ zur Erzählung: Kapitel XXIII – Kapitel XXI
→ zur Kurzfassung von Kapitel XXIII – Kapitel XXI

→ zum Kommentar des vorausgehenden Kapitels
→ zum Kommentar des nächsten Kapitels

Die spirituellen Schätze, die innerlich bereichern, das Bewusstsein erweitern und die großen Zusammenhänge erahnen lassen, A werden zugleich zu einer geistlichen Waffenrüstung, B einem `spirituellen Schutzschild´ gegen alles, was die Pilgerschaft zum Licht erschweren oder von ihr ablenken könnte. Der Schatz der Erkenntnis der wirklichen Wahrheit verbindet schließlich auch alle, die zu ihr durchgedrungen sind C1 – die Mystiker in allen Religionen, welche laut Karl Rahner die Gläubigen und `Christen´ der Zukunft sein werden. In der Mystik begegnen und verbinden sich schließlich alle Religionen D – in der vorliegenden Parabel dargestellt im Bild der „Schildkröte“.

Als „Schildkröte“ bezeichnete man in der römischen Kriegsführung eine geschlossene Schlacht-Formation der Soldaten, die durch engen Zusammenschluss ihre Schilde wie die Panzer-Schuppen einer Schildkröte verbanden und sich so gegen Pfeilgeschosse schützten.

Ein ähnlicher Zusammenschluss wird den Gläubigen aller Religionen geraten: Sie sollen auf ihre klein-geistigen Grabenkriege verzichten E und vielmehr das Einende ihres Verlangens und Bestrebens entdecken und fördern, das sie – im Zusammenschluss – unbezwingbar macht: Glaube, Hoffnung, Liebe. F

So kann die ganze Parabel als ein religions-geschichtlicher Abriss verstanden werden – mit einem hoffnungsvollen Ausblick auf eine chiliastisch-eschatologische weltweite Universal-Religion, wie sie von Mahatma Gandhi propagiert wurde, in der sich – bei allen religiösen Unterschieden – die Gläubigen allesamt als Geschwister und Kinder der einen göttlichen Liebe begreifen, die unverlierbar allen gilt. G

Dietrich Bonhoeffer (den liberale wie evangelikale Christen gern für sich vereinnahmen) hatte – inspiriert durch Mahatma Gandhi – die Vision eines heraufziehenden bekenntnis-freien (d.h. bekenntnis-unabhängigen) universalen Christentums, das sich nur noch dem Bekenntnis der universalen, allen geltenden göttlichen Liebe – in Wort und Tat – verpflichtet fühlt. H

Auch der bekannte deutsche Schriftsteller Karl May (der in seinen Frühwerken noch seine Christenhelden die Heiden bekehren ließ, wie Winnetou auf dem Sterbebett von Old Shatterhand) zeichnet (beeindruckt durch die Glaubensstärke und Mitmenschlichkeit Andersgläubiger auf seinen späteren Reisen) eine solche Zukunftsvision eines religions-übergreifenden Christentums, das nicht mehr an den Namen „Christ(us)“ gebunden ist, in seinem Spätwerk „Ardistan und Dschinnistan“.

War dies nicht auch das Anliegen von Jesus, der einer – von den Juden als irrgläubigen Heidin verpönten – Samariterin erklärt, dass eine Zeit kommen wird, in der die wahrhaft Gläubigen nicht mehr an einer regional bedingten Religionszugehörigkeit erkannt werden würden und darauf eingeschränkt werden könnten, sondern überall auszumachen sein werden – allein am Geist unvoreingenommener Wahrhaftigkeit? C2

Ein Plädoyer für einen von gegenseitiger Anerkennung und Wertschätzung bestimmten inter-religiösen Dialog, der alle Beteiligten nur bereichern und stärken kann. I

→ zum Kommentar des nächsten Kapitels

  1. ↑A vgl. XI, 055!
  2. ↑B vgl. Eph 6,10-17
  3. ↑C vgl. Joh 4,9-10.20-21.24; Mt 8,10-12; Mal 1,11.14; 3,20
  4. ↑D vgl. I Joh 4,16; Eph 3,14-19; Röm 2,14-15.28-29;3,29; 9,30; I Kor 13,8-13; 3,18; Jer 31,34; Joh 13,35
  5. ↑E vgl. I Kor 1,10-17; 12,18-25; 9,19-22
  6. ↑F vgl. I Kor 13,13; Röm 10,12-13.18; Kol 1,6.23; Jes 41,4-7; 40,18.25
  7. ↑G vgl. Jes 63,16; Röm 10,12-13.18; 8,15-25; Gal 4,6; II Tim 2,13; I Tim 4,10; Tit 2,11; I Joh 2,1-2; 3,19-20
  8. ↑H vgl. Gal 5,4-6; Luk 10,25-37 (vgl. Joh 4,20.22; 8,48); Act 10,1-4.34-35; Mt 25,40.45; 18,5
  9. ↑I Act 2,11; 4,32; I Kor 12,4-6; 10,19; 8,5-7; 14,26