17 Empfangen und Geben: Die Dreigeteiltheit allen Tuns
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Kapitel 17 „Empfangen und Geben: Die Dreigeteiltheit allen Tuns“ behandelt rechten und falschen Glauben. Hier werden die inneren Beweggründe für jedwedes Glaubensleben vorgestellt und es wird aufgezeigt, welche guten oder bösen Kräfte sich dahinter – wohlgemerkt religions-un-abhängig! – verbergen.
Christus erklärt, dass es vielfältigste Geister in der Welt gibt, welche die Geister der Menschenseelen beherrschen können, die aber alle letztendlich dem Wirken und Walten Seines Geistes unterstellt sind, der allen Wesen innewohnt und in allen Herzen Raum gewinnen will.
Hier gibt es im Wesentlichen drei Arten von Geistern: Da ist einmal „Sattwa“, der Geist der befreienden Erkenntnis der göttlichen Liebe und Liebesergriffenheit, der Heilige Geist der Liebe, durch welchen Christus, wie auch Sein Vater selbst, in jeder Seele Wohnung nehmen will. Dieser Geist ist stärker als alle anderen Geister, die Er in Zeiten gnadenvoller Heimsuchung zurückdrängt, dass sie die eingenommenen Seelen freigeben müssen.
Da die Heilige Ruach Christi aber einer Taube gleicht, die nicht ungefragt landet und kein Raubvogel ist, wie die anderen Geister , die ungefragt ergreifen und mit sich davon tragen, gilt es, die Zeiten Ihrer gnadenvollen Heimsuchung nicht zu verpassen, wo eine jede Seele gefragt wird, wohin sie wirklich will.
Die Liebe Christi zieht, aber zwingt nicht. Wer sich dieser Liebe ergibt, wird von oben zu ewigem Leben in himmlischer Glückseligkeit wiedergeboren; wer sich ihr aber hartnäckig widersetzt, wird von den alten Geistern besetzt und im Geist von unten nach unten wiedergeboren, hin zu Verderben und Hölle.
Der Geister in der Welt kann sich keiner erwehren. Nur die Ruach Christi, Seine Liebe, kann von ihnen befreien. Dies geschieht jedoch in einem geistlichen Wachstumsprozess, der sich äußerst langsam, fast unmerklich vollzieht und auch mit Rückschlägen einher gehen mag, von denen man sich nicht entmutigen lassen soll. Selbst, wenn sich negative Geister einer Seele wieder bemächtigen sollten, so bleiben auch diese letztendlich dem allumfassend heilswirkenden Geist Christi unterworfen.
Nun beschreibt Christus die anderen beiden Geister, die im Grunde aus dem einen Geist des Bösen zum Bösen hervor gehen: „Tamas“ ist der Geist der Sinnestäuschung und Verblendung, „Rajas“ der Geist der Selbstverkennung, der in Rastlosigkeit, in Eifer oder Begierde, treibt. Es ist wichtig, zu erkennen, dass alles von diesen Geistern bestimmt ist, um durchzublicken, was sich wirklich auf Erden abspielt und hinter den Herausforderungen und Anfeindungen im Leben verbirgt.
Der Schüler Christi fragt, ob das Beseeltsein von einem bestimmten Geist von der Religionszugehörigkeit oder aber von der Abkehr der bisherigen Religion abhängt. Christus erklärt, dass sich diese Geister überall finden, unabhängig von der eigenen religiösen Prägung oder der persönlichen Stellung dazu.
Religionsunabhängig ist der Geist, der eine Seele beherrscht, bestimmt durch den eigenen Glauben, also die eigene Vorstellungswelt und Überzeugung, weiter durch einen wie auch immer gearteten Willen zum Dasein, sowie von der Einstellung zu sich selbst, sowie zum universalen Sein. Der Reifegrad, den eine Seele im Laufe ihrer Wiedergeburten erlangt hat, bestimmt, ob sie noch von einem Geist von unten oder schon von Christi Geist von oben beseelt ist.
Es gibt drei Beweggründe und Wesensbestimmungen, die sich universal in allen Religionen finden. Ihre Unterschiede zeigen sich in der Gesinnung beim Opfern bzw. Geben oder Spenden, beim Empfangen und bei der Enthaltung.
Was das Opfern von Zeit, Geld, Gütern oder Kraft betrifft, so gibt davon eine sattwa-bestimmte Seele aus Dankbarkeit für das Heil, in dem sie sich weiß, um anderen zum Heil zu helfen, aus reiner Barmherzigkeit, möglichst verborgen, um niemanden zu beschämen, und immer bedacht, ob und wie eine Unterstützung auch wirklich eine Hilfe ist. Eine rajas-besetzte Seele dagegen gibt nur widerwillig, immer aus Kalkül und Berechnung, um dadurch entweder irdische Vergeltung, auch in Form von Anerkennung, oder um himmlischen Lohn zu erwerben. Tamas-artig ist dieses Geben darüber, wenn es ohne wahren Glauben, dass es wirklich himmlische Mächte gibt, und darüber unbedacht, in nicht wirklich anderen dienender oder in einer die Empfänger gar beschämenden Weise vollzogen wird.
Noch deutlicher werden die Unterschiede im Empfangen: Dabei liegt der Unterschied weniger in dem, was eine Seele aufnimmt und empfängt, sondern darin, wie sie das tut.
Eine sattwa-geprägte Seele erfreut sich an allen Geschenken der göttlichen Liebe, ohne sich von diesen aber einnehmen und an sie innerlich binden zu lassen, im Wissen, dass alles Empfangene auch wieder losgelassen werden muss, um Neues, noch Größeres, Beglückenderes empfangen zu können. Sie übt sich darum zugleich in Enthaltsamkeit, um die noch weit größeren Geschenke der göttlichen Liebe, die sie erwarten, empfangen zu können.
Ein rajas-geleitetes Temperament dagegen verfällt der Verhaftung an bestimmte Sinnesfreuden, die sie darum immer mehr steigern muss, weil sie immer weniger befriedigen können, so dass sie schließlich unter Zwänge und Süchte kommt.
Dabei muss es sich nicht immer nur um Sinnesfreuden handeln, sondern es kann sich auch um allgemein angesehene Tugenden handeln. Hier verfällt eine Seele dem Eifer, indem sie ihre inneren Gaben und Kräfte ungezügelt ausbeutet, um Anerkennung zu finden, da sie noch nicht die bedingungs-lose Liebe Christi zu sich erfasst hat. Auch dies ruiniert eine solch arme geknechtete Seele, was sie aber nicht selten für den Empfang der Gnade Christi bereitet.
Im Geist des Tamas führt dieses Verlangen nach immer mehr, seien es nun Sinnesfreuden oder Anerkennung durch Selbstausbeutung, in Besetzung und Besessenheit von einer Unzahl von Dämonen, so dass die Sucht umschlägt in Perversion oder aber die Zwanghaftigkeit in Fanatismus.
Ebenso wie Geben und Empfangen kann auch Enthaltsamkeit von drei Geistern bestimmt sein:
Enthaltsamkeit, Verzicht kann auf drei Ebenen geübt werden: Im materiellen Bereich ist es die Hinwendung zum Eigentlichen, verbunden mit der Abkehr von allem davon Ablenkenden, also das Suchen und Verehren der göttlichen Liebe, in welchem Gottesbild auch immer, die Bereitschaft, sich von liebes-beseelten geistlichen Leitern führen zu lassen, Aufrichtigkeit und das Eingeständnis eigener Unzulänglichkeiten, das Bemühen darum, sein Leben und die leibliche Existenz in Ausgewogenheit zu halten, und schließlich, niemanden durch Wort und Tat zu verletzen.
Im verbalen Bereich bedeutet Enthaltsamkeit das Bemühen um bedachtes Reden, wobei alles, was man sagen will, zunächst durch die drei Siebe – „Ist es wirklich wichtig? Ist es wahr? Ist es etwas Gutes?“ – gesiebt werden sollte. Denn nichts hat so viel Macht, wie die Zunge – sowohl zum Heil, wie zum Schaden.
Im mentalen Bereich ist es Heiterkeit des Gemütes, Selbstbeherrschung, Läuterung des Temperaments, wozu eine Seele durch die innere Erleuchtung über die All-Innewohnung und All-Durchwaltung des Geistes Christi zum Heil ausnahmslos aller frei gesetzt wird.
Sattwa-artig ist darum jede Form der Enthaltung, die um das sichere Heil für alle weiß und dies nur noch für sich ergreifen will, in der festen Gewissheit, dass Christus selbst dies jeder verlangenden Seele schenken und erwirken wird, so dass die zur Verfügung stehenden Heilswege ohne Angst, Druck oder Entmutigung bei Rückschlägen beschritten werden können.
Rajas-artig dagegen ist eine Enthaltung, die überzogen, mit äußerster Kraftanstrengung und einem selbst auferlegten Zwang in Ungeduld vollzogen wird. Ein derartiger künstlicher Kraftakt ist erfahrungsgemäß extrem kurzlebig, wie eine Pflanze auf felsigem Grund, die so schnell eingeht, wie sie aufsprießt, weil sie so noch nicht ausreichend Wurzel fassen konnte, oder einer Stichflamme, die so schnell verlöscht, wie sie aufflackert, weil ihr die rechte Nahrung fehlt. Derartige Askese wird meist auch aus Verlangen nach Anerkennung vollzogen. Eine davon bestimmte Seele hat noch nicht ihren eigenen Wert in den Augen der Liebe Gottes erkannt.
Tamas-artig ist schließlich eine Enthaltung, die vollzogen wird, um sich in einen höheren spirituellen Zustand zu versetzten, was aber nur wahnhafte, künstlich herbei geführte Einbildung bleiben kann, oder aber, um Gott zu manipulieren.
Hier will das Ego Gott zum Erhören und Erfüllen eigener Anschauungen, was zu wirken wäre, nötigen, statt durch Enthaltung, Fasten und Askese sich selbst darin zu üben, Gott zu hören und zu erspüren, was Seine Anliegen sind.
Extremformen von Askese sind darum häufig ein Anzeichen einer fehlgeleiteten Grundhaltung – müssen dies aber nicht immer sein, wie sich etwa an Mahatma Gandhi zeigt: Dieser fastete nicht, um Gott zu erweichen, sondern sein Volk, unter dessen Zerrüttung er litt. Sein Fasten war Ausdruck seines Leidens an der Zerissenheit seines Volkes und damit Teilhabe an den Leiden Christi. Wahre Askese erwächst also aus inniger Liebesverbundenheit mit der liebenden Gottheit und stärkt diese. Solches Fasten kann tatsächlich – wie bei Gandhi – wundersame Wendungen herbei führen.
Wahre Gottessucher vollziehen all ihr Handeln als ein auf Gott gerichtetes, andächtig-achtsames Gebet, was die dreifaltige Formel „Hari – Om – tat Sat“, das Brahmanen bei vielen Gelegenheiten sprechen, zum Ausdruck bringt. Sie bedeutet: „Die liebende Zuwendung Gottes – allumfassende Einheit – das einzig Wahre und Gute“, in dem alles vollzogen und dem Guten dienen soll. Das „Om“ im Zentrum dieser dreifaltigen Formel entspricht dem christlichen „Amen“, das auch eine Selbst-Bezeichnung Christi, der das alles umschließende, in sich zusammenfassende „Alpha-Omega“ und damit das „Amen“ auf alle Verheißungen Gottes wie Sehnsüchte aller Seiner Geschöpfe ist.
So versuchen sich Erleuchtete auch im Alltag die liebende Gegenwart Gottes beständig zu vergegenwärtigen, beispielsweise durch innere Zwiesprache mit ihrem Heiland-Gott, durch den Gebrauch eines meditativen Mantras oder des inneren Sprachen-Gebetes oder -Gesangs. Sie nehmen das ganze All als das Heiligtum Gottes wahr, in welchem sie als Seine Priester ihren Dienst tun dürfen, beglückt über das Vorrecht der eigenen Anteilnahme daran.
Bei aller Übermacht dämonischer Geister in der Welt, die nach der eigenen Seele greifen, so dass diese in sich selbst regelrecht zweigeteilt ist, muss diese – so schließt Christus – dennoch niemand fürchten. Denn auch jene widergöttlichen Mächte müssen sich doch von Christus in den Dienst nehmen lassen, so dass der Kampf mit ihnen, in welchen jede Seele geworfen ist, immer der inneren Ausreifung dienen muss, unabhängig davon, wie es in der jeweiligen persönlichen Schlacht um eine Seele augenblicklich auch stehen mag.
Wer sich so von der liebenden Gottheit unverlierbar fest gehalten weiß, kann sich in allen Lebenslagen vertrauensvoll in Sie hinein fallen lassen. Schließlich darf dies jede Seele als großen Trost für sich beanspruchen: Der Umstand, dass sie sich umkämpft erfährt, zeigt ihren besonderen Wert, dass Christus in ihr durchbrechen und in Erscheinung treten, groß und gewaltig werden will. Dies versuchen die Finsternismächte zu vereiteln, wie es schon beim Christuskind gewesen ist. Dass eine Seele im Fokus himmlischer Mächte steht, darf sie ihres Heils und der großen Heilspläne, die Gott mit ihr hat, nur umso gewisser machen.
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