2.4.1 Alt und neu
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Kapitel 2.4.1 „Alt und neu“ beschäftigt sich mit der Frage, inwiefern der jüdisch-christliche Glaube von älteren Kulturen und Religionen beeinflusst und aus ihnen entwachsen ist, und was die Bedingungen dafür sind, dass Neues, Lebensspendendes aus dem Alten erwachsen kann.
Gott hat sich nicht allein Israel, sondern auch allen anderen Völkern geoffenbart. So wussten die Ägypter schon um ein Weiterleben im Totenreich und eine Art leibgebundene Auferstehung, für die sie ihre Toten einbalsamierten, als das Volk der Hebräer noch nicht einmal um eine Unsterblichkeit der Seele wusste.
Sogar das Wesen Christi wurde schon von einem heidnischen Gott-König und Hohenpriester des Höchsten, dem „Ech `n Aton“, dem „Sohn der Sonne“, als Sonne der Gerechtigkeit und als das Licht der Welt verehrt und über alle Götter Ägyptens gesetzt. Durch den Heiligen Geist hatte dieser Pharao bereits Jahrhunderte vor Christi Erscheinen außergewöhnlich viele Einsichten in das Christusgeschehen – wie das Zeichen bezeugt, das Er der neu eingeführten, von ihm verehrten Ober-Gottheit gab, die er über alle Götter Ägyptens setzen wollte: das koptische Kreuz mit dem darüber aufgespannten Gnaden-Regenbogen, den Schlüssel zur Unsterblichkeit. Wurde Echnaton auch von Seinem Volk dafür verworfen, so doch anerkannt von Gott, der seinen Sonnen-Hymnus würdigte, als ein Loblied auf Jahwe Eingang in die biblischen Psalter zu finden.
Salomo wurde wegen seiner göttlichen Weisheit von aller Welt verehrt, weil er in der Herzensweite seiner Gottes-Einsichten die spirituellen Erkenntnisse anderer Reiche und Religionen nicht etwa hochmütig verachtete und verneinte, sondern sie alle anerkannte, in seine Betrachtungen mit einbezog und so universal vereinte. Entsprechend fanden auch die Weisheiten anderer Völker und Könige durch ihn Eingang in die heiligen Schriften und wurden als göttliche Inspiration anerkannt.
Die damaligen Geschichtsschreiber taten Salomo unrecht, wenn sie ihm vorwarfen, er hätte sich damit von den vielen Frauen seines Harems zur Abgötterei verleiten lassen.
Vielmehr einte Salomo in seiner Weisheit dadurch die damalige Welt zu einem einzigen Friedensreich, indem er durch Heirat alle Königshäuser zu einer einzigen Familie verband – wie auch alle Religionen zu einer Religion, indem er die Götterbilder der umliegenden Völker um das Heiligtum des Gottes Israels aufstellen ließ, wie auch in den überirdischen Sphären tatsächlich das ganze Götter-Heer des Himmels den Herrn all dieser Heerscharen umgibt.
Wurde Salomo dafür von den damaligen Chronikern auch verurteilt, so findet sich doch Christi Urteil in ihren Schriften, dass gerade dieser König in der Weite seines Herzens dafür auserkoren war, Gott ein ihm wohlgefälliges Heiligtum zu errichten. Einte schon in alttestamentlichen Zeiten Salomo die Religionen in seiner Weisheit, so vielmehr Christus, die Weisheit selbst. Denn Er ist noch mehr als Salomo.
Schließlich weißt sogar der Schöpfungs- und Sintflut-Mythos babylonische Ursprünge auf. Dass das Volk Gottes mit den vielen Schätzen aus Ägypten auszog, ist ein Sinnbild für die geistlichen Reichtümer, welche dem Gottesvolk – wie all seinen Kindern – aus Ägypten zuwuchs. So ließ Gott nicht von ungefähr Joseph, Mose und auch Jesus in jener fremden Religion heran reifen.
Aus der ägyptischen Bilderwelt bekommt die Bundeslade eine völlig neue, viel tiefere Bedeutung: Sie gleicht dem Sarkophag eines ägyptischen Pharao, der als Sohn Gottes verehrt wird. Die Thora der Liebe, die in diesem Sarg liegt, ist ein Sinnbild für Christus, der Sein Leben für alle gab, so dass schon der Alte wie auch der Neue Bund in Seinem Sühnetod begründet ist – und nichts anderes als ein Testament ist, dass alle Menschen ohne jede Vorleistung zu Erben Gottes macht. Denn als Liebesforderung ist die Thora für alle vernichtend; sie ist jedoch zugleich das göttliche Wesen selbst, das in Christus verkörpert ist: als solches ist es das Heil und die Rettung für alle, da sie auch den Gottlosesten sucht und – unverdient – zu retten gewillt ist. So erfahren die alltestamentlichen Symbole eine viel tiefere Bedeutung, wenn man sie aus dem religiösen Hintergrund deutet, aus welchem diese Bilder entstammen. Wie die Hebräer im fremden Ägypten ihren Bruder und Erlöser – Joseph – finden sollten, so kann auch Christus in fremden Religionen gefunden werden. Wo die hingebungsvolle Liebe, die sich frei verschenkt, im Zentrum einer anderen Religion steht, ist diese recht und nicht verkehrt.
Ein Gleichnis soll verdeutlichen, wie das Christusbild durch andere Religionen eine Bereicherung erfahren kann, die in die völlige Freiheit und Erlösung führt: Ein Kaiser schickt seine Boten in alle Länder, um nach der verlorenen Frucht des Baumes des Lebens suchen zu lassen, der im Paradies stand und ein unerschütterliches unsterbliches Wesen verleiht. Als sie mit heilswirksamen Früchten aus allen Ländern zurück kehren, ist er erbost, weil unter ihnen keine besondere Frucht zu finden ist. Schließlich macht den Kaiser ein Berater auf einen Weisen aufmerksam, der in der Wüste lebt und keiner Speise mehr bedarf. Tatsächlich zeigt sich an der Unerschrockenheit, mit welcher jener Weise, dem Kaiser vorgeführt, dem Tyrannen gegenübertritt, dass er die wahre Frucht vom Baum des Lebens gefunden haben muss. Als der Kaiser ihn anfleht, ihm das Geheimnis zu verraten, wo jene Frucht zu finden sei, lässt er ihm erneut die Früchte aller Länder bringen: Sie alle trügen etwas von der Urfrucht des Lebens in sich, wie alle Bäume dem Baum des Lebens entsprungen seien. Wolle der Kaiser die Urfrucht des Lebens essen, müsse er all diese Früchte in seinem Bauch vermengen.
Diesem Gleichnis folgt eine Vision vom Baum des Lebens, dessen Stamm der lichte Christus ist, dessen Früchte aber, gleich kristallenen Weihnachtskugeln, die Bilder aller Götter tragen, deren Farbenpracht das Licht Christi in sich vereinigt. Denn, so erklärt die Licht-Parabel – das reine, weiße Christus-Licht ist nicht etwa die Abwesenheit, sondern vielmehr das Zusammenspiel aller Farben. In der Übergewalt Seiner Stimme, die dem Chor einer Volksmenge, des Heers des ganzen Himmels gleicht, eröffnet Christus, dass Er selbst der Baum des Lebens ist, von dessen Früchten alle Völker und Religionen sich nähren.
Wer immer – in welcher Religion und in welchem Gottesbild auch immer – geistliche Nahrung empfängt, die ihn inwendig aufrichtet, das Herz aufleben und brennen lässt und spirituell sättigt, der empfängt damit sichtlich Christus. Denn niemand kann die göttliche Liebe finden ohne Christus. Wo also immer eine Seele in kindlich-naivem Glauben solche Liebe empfängt, empfängt sie Christus, auch wenn sie Ihn nicht explizit erkennt und bekennt. Umgekehrt hat selbst innerhalb des Christentums jeder Gläubige Christus nicht wahrhaft empfangen, der nicht von der göttlichen Liebe berührt worden ist. Dies wird besonders an den Kindern deutlich, in deren Mund die Gottheit sich ein Lob zubereitet hat, obwohl sie kaum irgendwelche Glaubenssätze kennen. Wie sich Christus hinter jenen Blinden stellte, der von Jesus nichts wusste und vor den Glaubenshütern nur bekennen konnte, durch Ihn geheilt worden zu sein, so stellt sich Jesus hinter alle Blinden, die von Gott nichts weiter erkennen und bekennen als Seine Liebe, die sie heil werden ließ. Das Bekenntnis zu solcher Gottes-Liebe allein (schon) ist das rechte Christus-Bekenntnis. Eine göttliche Vielvölker-Stimme bekundet schließlich, dass in Christus die Fülle aller Gottheiten vereint ist – und wo immer in jenen die göttliche Liebe wahrgenommen und gefunden wird, da findet man Ihn.
In einem sich ständig wiederholenden Traum findet der Seher sich mit den Jüngern Jesu auf einem Boot wieder, das wie eine Nussschale in einem vom Sturm aufgewühlten Meer hin und her geworfen wird. Da kommt ihnen die gespenstische Gestalt einer fremden Gottheit entgegen, die sie erschaudern lässt. Die Stimme Christi vermahnt sie aber, keine Furcht zu haben, weil Er es sei. Der Seher bittet die fremde Gestalt, ihn aufzufordern, auf dem Wasser zu Ihr zu kommen, wenn Sie denn wirklich der Herr sei. Dies tut die Gestalt, und der Gerufene, der über den gewohnten Bootsrand in die Fluten steigt, wird zu seiner großen Verwunderung tatsächlich von den Wassern getragen. Als er dann aber doch von schweren Zweifeln befallen wird, dass dies doch nicht sein könne, beginnt er zu sinken. Da ergreift ihn die fremde Gottheit, und er erkennt, dass es tatsächlich keine andere ist als Jesus Christus allein. Dieser Traum wiederholt sich, bis der Seher Vertrauen gefasst hat und – auch dem fremdartigen Ruf seines Herrn vertrauend – über alle Wasser gehen kann. Schließlich kommt der Herr dem aus seinem vertrauten Boot Herausgerufenen sogar in dessen eigenen Gestalt entgegen, um ihm zu zeigen, dass Er auch in ihm ist und der Gerufene in Christus, so dass er über jedes Wasser gehen kann.
Der Herr erklärt, dass Er in allem zu finden ist, selbst in schrecklichen Schicksalsschlägen, weil Er alles zum Guten hinaus führt und so alles für alle gut werden lässt.
Darum dürfen die ersten Eindrücke, die von Gott gewonnen werden, nicht mit den neuen Gotteserkenntnissen über Bord geworfen werden – wie etwa die der Naturvölker, dass das Göttliche in allem zu finden ist. Die ersten Gottes-erkenntnisse, wenn mitunter auch noch recht verschwommen und spärlich, bruchstückhaft, sind darum nicht falsch, so wie auch die Sterne mit dem Aufgang der Sonne nicht wirklich verschwinden.
Als nächstes weist der Herr auf eine Meute spielender Kinder aus allen Nationen und Religionen hin, die sich gänzlich unvoreingenommen begegnen und ohne Berührungsängste miteinander spielen. So wie diese Kinder müssen Seine Gläubigen werden, die allein ihrem Herzen folgen und auch keine Probleme damit haben, Neues, Fremdartiges in ihr Denken aufzunehmen, wenn es ihrem Herzen gut tut, auch wenn es zu dem bisher Geglaubten zunächst – vordergründig und allein der Vernunft – widersprüchlich erscheinen mag. Kinder nämlich lassen sich noch nicht von ihrem Verstand und dessen Dünkeln irreleiten. Darum finden sie einen Zugang zur Gottheit, deren Wesen und Wirken verstandesmäßig nicht zu erfassen ist. So hat es Gott auch gefallen, durch Torheiten zu erretten, um alle Weltweisen zu beschämen. Nur wer bereit ist, ein törichtes Kind zu werden, kann solch einen befreienden Herzenszugang zu Ihm finden.
Christusgläubige sollen sich an den Kindern ein Beispiel nehmen, die Jesus im Tempel umjubelten, weil sie einfach ihrem Herzen folgten und sich nicht von den Skrupeln und Bedenken der Glaubenshüter irritieren ließen, die Jesus wegen dem Neuen, Fremdartigen, das Er – auch damals schon! – lehrte, verwarfen.
Leider wird die Gutgläubigkeit vieler Kinder missbraucht, wodurch sie schweren seelischen Schaden nehmen und misstrauisch gegen alles Neue, Fremde werden, und selbst ihrem eigenen Herzensempfinden nicht mehr trauen. So verweigern viele, das Laufen zu lernen, aus Angst vor einem neuen Sturz. Doch Gott hat den Menschen zum aufrechten Gang erschaffen. Die Gottheit will diese Wunden heilen und trösten wie eine Mutter, damit das geschädigte Urvertrauen wieder aufleben kann.
Der größte Schaden, den eine Seele nämlich nehmen kann, ist, dieses Urvertrauen zu verlieren, so dass sie dem unendlich viel Neuen und Unbekannten, das es zu lernen gibt, ängstlich und argwöhnisch gegenüber steht. Die Seele sollte sich nicht von vorausgehenden Stürzen in ihrem Wachstumsdrang hemmen lassen; schließlich hat sie ja aus den ursprünglichen Fehlern auch etwas gelernt und muss solchen Irrtümern nicht mehr erliegen. Warum aber sollte sie sich dem Neuen verschließen, gerade wenn sie im Altvertrauten Verletzungen davon getragen hat? Gott will beständig in Neues führen, in unfassliche Herrlichkeiten, die kein Herz zu erträumen wagt. Darum sollte sich niemand durch seinen zaudernden Kleinglauben abhalten lassen.
Mitunter mag der Herr mit furchtbaren Gerichtsandrohungen und Höllenstrafen einschüchtern müssen. Dies tut Er jedoch nur, um Seine trotzigen Kinder vor schlimmen Schaden zu bewahren. Denn wenn sie sich dem Satan ergeben, kommen sie unter die Höllenqualen seiner Peiniger. Aber auch dann leidet Christus mit ihnen, wie eine Mutter mit all ihren Kleinen, die ihnen dies am liebsten ersparen würde. Und doch ist diese Feuertaufe im Letzten für jedes der Kinder Christi notwendig – auf die eine oder andere Weise. Darum soll sich niemand über Judas erheben, der den furchtbareren Weg für sich gewählt hat, sondern sich vielmehr fürchten, nicht das selbe Schicksal durchleiden zu müssen.
Dennoch soll es dem Satan nicht gelingen, irgend eine Seele irreparabel zu verwüsten – nicht einmal seine eigene; denn dazu ist der Herr gekommen, alle Verheerungen dieses Verheerers zu verheeren und alle Zunichtemachungen des Zunichtemachers derart gänzlich zunichte zu machen, dass daraus insgesamt noch etwas Großartigeres hervor geht; und Er wird dem Satan keine Seele als Trophäe lassen, nicht einmal dessen eigene Seele. Denn Er allein ist der Herr und wird keinem anderen neben sich auch nur irgendeine Ehre und Genugtuung lassen.
Ist den Kindern geboten, auf ihre Eltern zu hören und ihnen zu folgen, so kommt auch die Zeit, da sie gereift und erwachsen werden und schließlich für ihre Eltern, die vielleicht senil werden, sorgen müssen. Ebenso verhält es sich im Glauben: In jungen Jahren gilt es, sich den geistlichen Leitern anzuvertrauen und ihnen Folge zu leisten. Aber auch hier – in spiritueller Hinsicht – kommt irgendwann die Zeit, wo es geboten ist, aus jedweder religiösen Bevormundung und Unmündigkeit heraus zu treten und Verantwortung für sich selbst zu übernehmen, indem man seinen ureigensten Herzenseinsichten folgt, um dann schließlich, als geistlich Gereifter und erwachsen Gewordener auch für andere Sorge zu tragen, die einem dann selbst anvertraut werden, bis sie Mündigkeit erlangen. Dabei wird der nächsten Generation nicht selten die Aufgabe übertragen, in Neues vorzustoßen, was der vorausgehenden Generation wegen ihrer Unreife im Glauben noch verweigert war – wie es auch bei der Einnahme des gelobten Landes war.
Insbesondere sollen die Gläubigen, die zur Gewissheit der unerschütterlichen Liebe Christi durchgedrungen sind, sich nicht länger von falschen Hirten in ihren Gewissen verunsichern und beschweren lassen. Letzteren geht es nicht selten nur darum, als vermeintliche alleinige Heils-Vermittler oder gar Heils-Bringer Macht über andere Seelen auszuüben und diese durch Dogmen und Vorschriften an sich zu binden.
Wenn aber die wahre Freiheit Christi ausgerufen wird, werden jene Hirten, welche zuvor gegeneinander standen und die ihnen anvertrauten Seelen in den Schlachten ihrer eigenen Streitigkeiten umkommen ließen, sich nunmehr gegen die Verkünder Christi zusammen schließen, um diese gemeinsam als noch schlimmere gemeinsame Bedrohung ihres Einflusses zu bekämpfen. Solchen gewissenlosen Verführern gegenüber kennt Christus jedoch keine Nachsicht. Ihnen gilt es, die Stirn zu bieten. Denn der Geist Christi will Aufrichtung in Freiheit, nicht Unterdrückung und innere Unfreiheit.
Schließlich erklärt Christus, dass sich selbst schon in die Heiligen Schriften falsche menschliche Interpretationen der göttlichen Offenbarung in Form von verkehrten, von Ihm und Seinen Aposteln bereits angeprangerten „Überlieferungen der Väter“ eingeschlichen haben, so dass jene Schriften nicht nur Wort Gottes sind, sondern zugleich auch ein göttliches Zeugnis darüber, was aus Seiner Offenbarung gemacht wurde. Gleichwohl bleibt alles göttliche Inspiration, die sich in ihrer Wirkungsgeschichte erfüllt, wenngleich manche menschlichen Ordnungen nicht unwidersprochen bleiben dürfen. Die Heilige Schrift ist in dem Freimut des Geistes vom Christusgeschehen her zu deuten.
In Hinblick auf Christi Liebe ist jedes Gottes-Wort auf den Prüfstand zu stellen – innerhalb wie außerhalb der heiligen Schrift der christlichen Bibel, denn die Gottheit offenbart sich hier wie dort in, mit und unter menschlichem Wort.
Dies soll anhand der Überlieferungen von Abraham verdeutlicht werden, welchen die Gläubigen aller „abrahamitischen“ monotheistischen Religionen, Juden wie Muslime wie Christen, als ihren Stammvater betrachten: Hierfür wird exemplarisch die alte Abrahamsgeschichte von der Opferung seines Sohnes heran gezogen, die für alle drei Religionen bedeutsam ist, und in der Weise, wie sie sich wirklich zugetragen hat und zu interpretieren ist, neu erzählt:
Gott forderte nämlich nicht etwa, wie fälschlich überliefert, einfach grundlos von Abraham diese Ungeheuerlichkeit, seinen eigenen geliebten Sohn Isaak zu opfern. Denn Gott versucht weder, noch lässt Er sich versuchen; Er ist nicht der Versucher.
Dennoch wurde Gott mit dieser Forderung tatsächlich dem Abram regelrecht zum Satan, um ihn bis ins Mark zu erschüttern und sein Gewissen zu wecken. Abram hatte nämlich zuvor herzlos seinen erstgeborenen Sohn Ismael für Isaak geopfert, indem er ihn in die Wüste fort geschickt hat, was gleichsam einem Todesurteil gleich kam, weil er durch spätere Rivalitäten zwischen den Brüdern das Leben seines geliebten Sohnes Isaak gefährdet sah.
Isaak war nämlich von Abrams geliebten Frau Sarai, Ismael dagegen von deren Sklavin Hagar. Zuerst hatte Sarai mit ihren Zweifeln über Gottes Verheißung eines Sohnes Abram dazu verführt, sich mit ihrer Magd Hagar einen Erben zu zeugen, dann aber dazu, diesen dem Tod zu überantworten, als sich Gottes Verheißung an ihr doch noch erfüllte und sie selber schließlich doch noch den verheißenen Sohn bekam. Trotz dieses Wunders ließ Abram sich von der Angst und Sorge seiner Frau um Isaak anstecken, dass er seinen Erstgeborenen, den Ismael, verstieß.
Diese Gräueltat an einem unschuldigen Kind erregte Gottes Zorn, dass er ernstlich erwägte, dem Abram in gleicher Weise seinen Sohn Isaak und mit ihm all Seine Segensverheißungen wieder zu nehmen. Denn mit der Verstoßung Ismaels offenbarte Abram nichts als Gottlosigkeit und Unglauben. In dieser Tat ist schließlich auch der hasserfüllte Bruderzwist zwischen den muslimischen Arabern, den Nachkommen Ismaels, und dem Volk Israel, den Nachkommen Isaaks, begründet, die sich darum streiten, wer nun der Träger des göttlichen Segens ist, obwohl doch beide Brüdervölker im Segen des selben Gottes stehen.
Ismael dagegen fügte sich dem Willen seines geliebten Vaters, obwohl ihm das seinerzeit das Herz brach, und warf nach dem Satan Steine, der ihn dazu verführen wollte, sich seiner Opferung zu widersetzen und Isaak umzubringen. In dieser Bereitschaft, auf sein Erstgeburtsrecht zu verzichten und sich sogar für den vorgezogenen jüngeren Bruder zu opfern, wurde Ismael ein Vorbild auf Christus.
Die Araber können darum mit Stolz auf ihren Stammvater blicken. Er nämlich, ihr alleiniger Stammvater, nicht sein Vater Abram, ist das eigentliche Vorbild selbstlosen Glaubens. Abram ist vielmehr in Hinblick auf seinen Zweifel, der ihn zu schlimmen Taten verleitete, als trauriger Stammvater aller Gläubigen anzusehen, weil sie alle ebenso von Unglauben befangen sind, wie sehr sie sich auch um rechten Glauben bemühen. Die muslimischen Völker sollten darum vielmehr dem Beispiel ihres alleinigen Stammvaters Ismael folgen und auf ihr Erbteil verzichten: das Land, das ihnen von ihrem jüngeren Bruder Israel geraubt wird – im Vertrauen auf Gott, der zu Seiner Zeit gerecht richtet.
So sollte schließlich auch Ibrahim später in Reue seinen Sohn Ismael suchen und mit ihm das „Bekka“, das „Haus“ Gottes in Mekka wieder errichten, das erste Heiligtum, das bereits Adam gebaut hatte. Daran können die Muslime ihre Erwählung erkennen, dass ihnen noch vor Israel in Mekka eine Gebetsstätte gestiftet worden ist, in der sie zu Ihm finden konnten, ein Tempel des Herrn, der schließlich von Mohammed gereinigt wurde.
Der Stein aus den Himmeln, welchen die Muslime in Mekka umrunden, ist ein Sinnbild auf Christus, den Eckstein, den sie in ihren Wiedergeburten umrunden, bis sie Ihn erkennen. Seine schwarze Farbe ist ein Zeichen für ihre Blindheit: für Christus, wie dafür, dass Gott nur Licht ist und keine Finsternis in Ihm ist. Wenn sie Christus erkennen, wird ihnen der Stein strahlend weiß werden.
Bei seiner Tempelreinigung zu Mekka, als Mohammed alle Götzenbilder zerstörte und mit Waffengewalt die Verehrung des einen alleinigen Gottes durchsetzte, handelte er wie Mose, noch wie ein alttestamentlicher Prophet, wie Elia – im Fleisch, mit fleischlichen Waffen, was damals auch noch nötig war, weil die Menschen damals allesamt noch fleischlich waren, wie sie auch tatsächlich ihre toten Götzenbilder aus Holz und Stein selbst anbeteten, mit Gott verwechselten und sie nicht nur als verschiedene Gleichnisse und Sinnbilder auf die eine unsichtbare Gottheit verstanden.
Dennoch kam Elia in seiner Fleischlichkeit bereits an seine Grenzen und erkannte schließlich, dass die Gottheit nicht im destruktiven Sturmorkan zu finden ist, sondern in einem still, zart und demütig umspielenden Umsäuseln. Hätte Elia das schon vorher erkannt, hätte er sich nicht gegen den „Baal“ gestellt, den kanaanitischen Gott des Ackers, dem für die Früchte der Schöpfung gedankt wurde und der kein anderer ist als der hebräische „Adonaj“ – nämlich der „Herr“. So verehrten die Kanaaniter keinen fremden Herrn und hätten auch den Gott der Hebräer als den selben, als ihren Gott, anerkannt, wenn sie in ihrer Gottesverehrung bei jenen Anerkennung gefunden hätten. Die Juden jedoch hatten aus dem „Baal Zebul“, dem „Herrn des Ackers“, verächtlich den „Baal Zebub“, den „Herrn der Fliegen“, und schließlich den teuflischen Obersten der Dämonen, den „Beelzebub“, gemacht. Nachdem sie Jesus Christus aber auch „Beelzebub“ nannten, legt ihre eigene Zunge gegen sie Zeugnis ab, dass Christus kein anderer ist.
Ebenso handelte Mohammed nicht recht im Geist, wenn er, was in der damaligen allgemeinen Fleischlichkeit vielleicht noch notwendig war, die Götzenbilder aller arabischen Sippen zerstörte, die einheitlich im Haus Gottes zu Mekka angebetet wurden.
Sie nämlich stellten ein deckungsgleiches Abbild der himmlischen Götter-versammlung dar, durch die Gott Seine Beschlüsse fasst und wirkt, wie Er auch in und über sie alle gefunden werden kann. Wie Mohammed im Gott der Juden seinen eigenen Stammesgott „Allah“ wieder entdeckte, dessen Bild er allein in Mekka stehen ließ, so hätten auch die anderen Stämme den allmächtigen Gott der Juden in ihren Gottesbildern wieder entdeckt. Hätte Mohammed konsequent auch das eigene Gottesbild, das sich sein eigener Stamm von Gott gemacht hatte, zerstört, wäre er zugleich wieder offen gewesen für auch andere, weiterführende Gottes-Vorstellungen und -Darstellungen. Denn nicht diese selbst sind verwerflich, sondern ihre Absolut-Setzung gegen andere Gleichnisbilder.
So ließ Gott keineswegs die anderen Völker verwaist, ohne Offenbarungen Seiner Majestät. Die besondere Erwählung Israels war ausschließlich darin begründet, durch die Ankündigungen ihrer Propheten für alle Welt ein Zeugnis abzulegen, dass in Christus tatsächlich die universale Erlösung in der Heiland-Gottheit aller Welt gekommen ist, die weltweit in allen Religionen Verehrung findet.
Wie aber Mohammed verkannte, dass die Einheit Gottes in der Vielheit aller Götter zu finden ist, so verkannte er insbesondere die Einheit Gottes mit dem Menschen Jesus Christus, welcher der ewige Gott von Ewigkeit her schon ist und in welchem die Heiligkeit Gottes in Schwachheit zur bewährten Vollendung gekommen ist.
Gott nämlich schloss mit den Arabern schon lange vor Mohammed Seinen Bund – in Ismael, und sie hatten auch Zugang zu Ihm über ihre als Wächter über sie eingesetzten Götter. Nur erkannten sie Ihn darin nicht, wie sie auch nicht erkannten, dass der von Jesus angekündigte „Parakletos“, der „Periklytos“, der „Gepriesene“, der „Ahmed“ (nicht etwa Mohammed), sondern Christus selbst ist, der in Seinem Heiligen Geist zurück gekehrt und darum selbst das „Siegel der Propheten“ ist.
Trotz der neunundneunzig Namen, die Allahs allbarmherziges Wesen umschreiben, den drei mal dreiunddreißig Namen, in denen die göttliche Drei-Einigkeit sich auch von den Muslimen verehren und finden lässt, kennen sie nicht Ihren hundertsten Namen – „Jesus“ – weswegen selbst die Kamele, denen dieser Name (- weil sie einst die Magier zu Ihm trugen -) nicht unbekannt ist, über die Unkenntnis der Araber immerfort schmunzeln müssen. Christus aber will ihnen als dem hundertsten verlorenen Schaf auch Seinen hundertsten Namen kundtun. Wenn Er nämlich dermaleinst ihren Propheten in Seiner Liebe bei seinem Namen „Muchamad“ ruft, wird dieser, von Christi Liebe überwältigt, in die Knie sinken, und mit ihm sein ganzes Kriegsvolk. So wird Christi Liebe wirklich alle überwinden und zu sich ziehen. Denn auch in den Koran haben sich durch machthungrige Kalifen falsche Überlieferungen eingeschlichen.
Nach dieser neuen Darstellung der Opferung Isaaks erscheint Abraham also nicht mehr als das strahlende Glaubensvorbild, das Gott wegen seiner Glaubensstärke erwählt hätte. Vielmehr enthüllt sie die völlige Unwürdigkeit Abrahams, der in seinem Vertrauen auf Gott, wie jeder Sterbliche, scheiterte und erst durch Gottes harte Züchtigungen, die Forderung dieses Opfers, in den Glaubensgehorsam regelrecht hinein gezwungen wurde. Hätte Abraham nämlich nicht gehorcht, wäre ihn sein geliebter Sohn Isaak wegen seines Verbrechens an Ismael genommen und alle Segnungen von Abram wieder abgezogen worden.
Dass die jüdisch-alttestamentliche Überlieferung, Gott selbst hätte solch eine Ungeheuerlichkeit geboten, Ismael zu verstoßen, eine Verfälschung ist, die das Volk Israel als Allein-Erben des abrahamitischen Segens bestätigen sollte, zeigt sich schon daran, dass Gott Hagar bei deren ersten Flucht zu Abraham zurück geschickt hat und ihr schließlich, als sie dann doch mit ihrem Sohn verstoßen wurde, verheißen hat, dass dieser der Nachkommenschaft Isaaks zum Trotz ebenso gesegnet sein wird.
Die neue Darstellung der Opferungsgeschichte demaskiert somit die jüdische Überlieferung als eine Glorifizierung Abrahams wie seines ganzen jüdischen Geschlechts, als wäre Gottes Erwählung in deren Glaubensstärke und Treue begründet, und konfrontiert vielmehr mit den harten Fakten, dass dies nicht einmal bei dem verklärten Stammvater so war.
Die Annahme der Nachkommenschaft Israels wie Ismaels ist also nicht in deren Opferung als Großtat des Glaubens begründet, sondern vielmehr in dem Opfer Gottes in Christus für alle (in gleicher Weise) Ungläubigen, welches jene Opferungen vorabbilden.
Entsprechend verlangt die göttliche Liebe nicht irgendeinen Kraftakt aufzubringenden Glaubens und Vertrauens als Vorbedingung, sondern erzieht vielmehr selbst durch die harten Lektionen des Lebens die Menschen dazu, endlich ihr Vertrauen in Sie zu setzen – wie das Beispiel Abrahams zeigt. Und meist geht dieser Weg durch Zerbruch. Hinter scheinbarem Unheilshandeln ist also immer in Wahrheit Gottes Heilshandeln verborgen, das die menschliche Seele für die Liebe der göttlichen Seele erweichen will und erweicht.
Noch schlimmer aber ist die Fehldeutung des Opfers Abrahams bei manchen Muslimen, die meinen dem nacheifern und Allah damit einen Gefallen erweisen zu müssen, indem sie ihre Kinder im „Dschi Had“ durchs Feuer gehen lassen, oder sie dazu anreizen, als Selbstmord-Attentäter andere mit sich ins Verderben zu reißen. Der wahre „Heilige Krieg“ ist jedoch in den Herzen gegen den eigenen inneren Teufel zu führen.
Damit errettet weder die fleischliche Abstammung von Ismael noch von Israel, sondern allein die universal gegebene geistliche Abstammung aller Seelen von Christus. Entsprechend werden nicht selten Ismaeliten, die Israeliten getötet haben, in der folgenden Wiedergeburt als eben solche anders gläubige Semiten wieder erweckt, um das selbe Schicksal erleiden zu müssen – wie auch umgekehrt, bis die Seelen durch eine unbewusste Reifung über diesen Wahnwitz ihres Bruderkrieges zur Besinnung kommen.
Nicht ihre fleischliche Abkunft, die nur die Leiber betrifft, errettet die Seelen, sondern allein ihre geistliche Abkunft – letztendlich von Christus, auf welche sie sich zurück besinnen und in welche sie wieder hinein geboren werden müssen. Bei aller Freiheit, welche alle Seelen mit ihrem erwachenden göttlichen Selbstbewusstsein erlangt haben, was auch ihren Abfall von Gott verursachte, bleibt die göttliche Freiheit doch nochmals unendlich erhaben darüber und wird all Ihre Seelen, die aus der göttlichen All-Seele wie aus einem Urmeer geschöpft sind, sich wieder zuführen und zu dem machen, als was sie in der Gottheit von Ewigkeit her schon erkannt werden. Dieses Geheimnis erfassen jedoch allein die Mystiker, die zugleich die Liebe als den Urgrund des göttlichen Seins erkannt haben.
So gilt es in der Regel, dass man sich vor den selbst ernannten Glaubenshütern hüten muss, welche die Liebe Gottes an irgendwelche Glaubenssätze oder Vorbedingungen binden. Schließlich muss beachtet werden, dass sogar das Alte Testament selbst von der Überfrachtung von irreführenden Überlieferungen nicht gefeilt blieb, wurde die Thora, die bei der Verschleppung nach Babylon verloren ging, dort doch gänzlich neu verfasst.
Bis zum Zeitpunkt der Offenbarung der Liebe Gottes in Christus hatten diese äußeren Zuchtmeister noch ihren Sinn. Denn immerhin führten sie die Seelen in solche Gewissensnöte, dass sie ihre totale Gnadenbedürftigkeit erkannten. Wer darüber aber zu der Liebe Gottes durchgedrungen ist, bedarf jene Zuchtmeister nicht mehr und ist von ihnen allen frei. Dies betrifft auch Vorschriften in Hinblick auf Glaubenssätze, Gottesvorstellungen und Bekenntnisse.
→ zum Original-Kapitel II.IV.I in der »Satya ›P‹raha«
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