2.4.3 Götter und Abgötter
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Kapitel 2.4.3 „Götter und Abgötter“ beschäftigt sich mit der Frage, wie sich der Glaube an verschiedene Götter mit dem jüdisch-christlichen Ein-Gott-Glauben und dem Absolutheitsanspruch des biblischen Gottes vertragen soll.
Als Christus erklärt, dass Er sich durchaus auch in anderen Göttern und Götterbildern verehren lässt und auch die Verehrung vieler Götter nicht Sein Missfallen erregt, wenn Er in ihnen allen nur als der Erste und der Letzte erkannt und angebetet wird, fragt der Empfänger dieser Botschaft irritiert, wie sich diese Enthüllung mit Gottes alttestamentlicher Selbstbekundung als einem eifersüchtigen Rachegott vereinbare, der alle vom Erdboden austilgen wolle, die nicht Ihm allein Ehrerbietung zollen. Hatte nicht eben darum auch das Volk Israel Gottes Zorn getroffen, weil es sich ein goldenes Kalb, eine ägyptische Stiergottheit, gegossen hatte, um Ihn, seinen Gott, der es aus Ägypten heraus geführt hatte, in einem ihnen vertrauten Gottesbild darzustellen? Was war daran dann verwerflich?
Christus erklärt, dass nicht die Verehrung eines Götterbildes das Problem der Juden war, sondern dass sie ihre neueren Erfahrungen mit Gott, der sie aus dem Alten heraus geführt hatte, wieder auf ihre alten Gottesvorstellungen aus Ägypten hin deuteten, weil sie die Leere zwischen dem alten Abgelegten und der noch ausstehenden neuen Gottesoffenbarung nicht aushielten. Außerdem sahen sie in jenem gegossenen Kalb nicht nur ein Sinnbild und Gleichnis auf Gott, sondern in dem toten Götzen tatsächlich ihren Gott selbst. So hielten sie an ihren überkommenen Gottesvorstellungen fest und verschlossen sich neuen Gotteseinsichten aus Gottes Geist.
Die Plagen, die über Ägypten herein brachen, wurden nämlich sowohl von den Ägyptern, wie auch von den Hebräern als ein Gericht des neu sich offenbarenden Gottes der Juden über die Götter Ägyptens empfunden, so dass dieser neue Gott sich als mächtiger als die ganze Fülle der Ägyptischen Gottheiten erwies, die Ihm alle untergeordnet waren. So war die Rückwendung zu diesen Gottheiten eine Verweigerung gegen die neue Erkenntnis, dass der wahre Gott noch über und hinter all diesen Göttern steht. Die Plagen über Ägypten waren nämlich nichts anderes, als dass Gott den Ägyptern die Segnungen all ihrer Götter entzog, womit offenbar wurde, dass jene alle Ihm unterstehen und Entfaltungen Seiner Kraftwirkungen sind und bestenfalls verschiedene Aspekte Seines Allwesens repräsentieren, wie es schon Echnaton über den von ihm verehrten lichten Gott „Aton“ erkannt hatte.
Als das Nilwasser durch Aufspülung von Rot-Erde kippte und blutrot wurde, entzog sich der Nilgott „Sobek“, in der Invasion der Frösche aus dem erstorbenen Nil entzog sich die Krokodilsgöttin „Theoris“, im Ansturm der Stechmücken, die sich in den Tümpeln des ausgetretenen Nils bildeten, entzog sich der Himmelsgott „Horus“, in der folgenden Ungeziefer-Vermehrung der Käfergott „Skarabäus“, in der daraus resultierenden Viehpest der Stiergott „Apis“ und in den Milzbrand-Geschwüren, welche die Menschen befielen, die Heilsgöttin „Selket“, in der Verheerung des ganzen Landes durch Sturm und Hagel der Windgott „Amun“, in der darauf noch kommenden Heuschrecken-Invasion der Erdgott „Geb“, schließlich in der eintretenden Totalfinsternis durch das Aufwirbeln der Roterde-Ablagerungen des ausgetretenen Nils und in dem Dahinscheiden aller Erstgeburt in Ägypten der alles Leben spendende Sonnengott „Aton“, der bereits das Zeichen des Kreuzes Christi trug. So entzogen sich dem Pharao Ramses alle seine Götter, wie er sich dem Gott der Juden entzog, zum Zeichen, dass die Ägypter es in all ihren Gottheiten letztendlich mit Ihm zu tun hatten, dessen Stimme zu gehorchen ist.
Indem sich der Pharao nämlich gegen Gott auflehnte, lehnte er sich in gleicher Weise gegen seine eigenen Götter auf, die, gleich dem Gott Israels, niemals die Unterdrückung und Versklavung eines Volkes gutgeheißen hatten, sondern von Gott vielmehr als Wächter eingesetzt worden waren, den Menschen durch Träume und Visionen ins Gewissen zu reden.
So traf den Pharao im Zorn des Gottes der Juden ebenso der Zorn seiner eigenen Götter, die sich nach einhelligem Beschluss im himmlischen Götterrat von ihrem Sohn abgewendet haben, wie dieser von deren höchsten Gott.
Indem sich der Pharao aber gegen Gott stellte, machte er auch die Götter Ägyptens zu Abgöttern und Gottes-Widersachern, die er, als deren Günstling er sich betrachtete, in seinen Dienst zu stellten suchte. Darum trübte Gott seinen Sinn, so dass er fortan in den ägyptischen Götterbildern nur noch die Fratzen der Dämonen sah, denen er diente, nicht mehr aber die Engel und Wächter, die Gott über Ägypten gesetzt hatte, um durch ihre Götter zu den Ägyptern zu sprechen und diese zu leiten. Denn von dem selben Geist, von dem jemand beseelt ist, ist auch sein Gott – unabhängig von dessen Namen oder Götterbild.
Die Sünde der Hebräer bestand nicht darin, ein altgewohntes Götterbild mit ihrem Gott zu identifizieren, sondern vielmehr darin, nicht die Leere und Ungewissheit zwischen dem Alten, dem sie entwachsen waren, und dem Neuen, dessen Offenbarung noch ausstand, auszuhalten und sich wieder den altgewohnten Gottesvorstellungen zuzuwenden. So waren sie nahe daran, sogar nach Ägypten zurück zu kehren, so schnell hatten sie die dort erfahrene Unterdrückung vergessen.
Sie liefen Gefahr, ihre erste Ahnung der großen Zusammenhänge und des Zusammenspiels aller göttlichen Mächte wieder zu verlieren und sich einzelnen verschiedenen Gottheiten zuzuwenden, die für sich nichts sind. Folglich ließen sie sich nicht von den Götterbildern zum wahren Gotteswesen führen, das sich ihnen offenbaren wollte, sondern kehrten sich davon ab, wieder hin zu den vordergründigen Bildern.
Diese alten Gottesvorstellungen nämlich wurden mit der neuen umfassenderen Gottesoffenbarung nicht einfach über Bord geworfen, sondern zu einem neuen Bild und Gleichnis zusammengefügt, wie sich in der Bundeslade zeigt, die einem von Cherubim bewachten Sarkophag eines ägyptischen Gottessohnes gleicht und schon auf die Selbsthingabe der göttlichen Liebe in Christus hinweist, in der auch das neue göttliche alttestamentliche Bündnis bereits begründet war, das Gott mit den Hebräern nach ihrem Auszug aus Ägypten schließen wollte.
Dass Vielgötterei ansich aber nicht gegen den wahren Ein-Gott-Glauben stehen muss, zeigt sich bereits an Josef Ben Jakob, der als der geistliche Vater des Pharao in Ägypten den Status des Höchsten Priesters des Höchsten Gottes erlangt hat, ohne dass die Ägypter deshalb den Glauben an ihre vielen Götter aufgegeben hätten. Jedoch sahen sie in und hinter diesen Göttern eine höchste Gottheit am Werk, die schließlich Echnaton in der Gestalt der Sonne verehren ließ. Die geistliche Reife, die Ägypten noch vor den Hebräern erreicht hatte, zeigte sich an ihrem Wissen um ein Totenreich, ein Gericht nach dem Verscheiden, wie auch an einer leibhaftigen (bzw. bereits leib-verbundenen transzendenten) Auferstehung, für welche die Toten durch Einbalsamierung erhalten werden sollten. Wie jedoch die Erkenntnis in Ägypten ausreifte, welche es zu einer allseits gesegneten Hochkultur werden ließ, so reifte auch die teuflische Saat des Widerstandes, die sich schließlich des Pharaos Ramses bemächtigte und ihre Verkörperung fand.
Wo die vielen Götter als Ausdruck des Reichtums der erhabenen Größe und Majestät der dahinter wirkenden wahren einen Gottheit verehrt werden, liegt keine Abgötterei vor. Diese ist nur dort gegeben, wo all jene Götter als unverbunden nebeneinander stehende, eigenständige Eigenmächte verehrt werden. Denn hier verliert sich die Erkenntnis wieder im Vordergründigen, Zusammenhanglosen, und wendet sich vom eigentlichen wahren Wesen wieder hin zu den Bildern und unvollständigen Einzelerscheinungen.
Es gilt folglich, von den Bildern zum Wesen, vom Buchstaben zum Geist, vom Gesetz zur Gnade vorzudringen. Dann dienen Bilder, Buchstaben und Gebote, während sie für sich allein den, der bei ihnen verbleibt, knechten und versklaven. Folglich gilt es, die Bilder und Vorstellungswelten in den Dienst zu nehmen, statt ihnen selbst zu dienen, als wären sie in sich selbst und für sich selbst etwas.
Es entscheidet immer die Art und Weise des Gebrauchs darüber, ob etwas zum Abgott wird. Hier kann sogar das Gesetz Gottes zum peinigenden Abgott werden, wenn man es nicht als gut gemeinte Lebenshilfe versteht, sondern das eigene Seelenheil an seiner Erfüllung hängen sieht. Ebenso kann die Freiheit, welche die unendliche göttliche Barmherzigkeit einräumt, zum Abgott werden, der versklavt, wo nämlich die Liebe in den Dienst einer selbstsüchtigen Freiheit gestellt wird und nicht mehr die Freiheit in den Dienst der selbstlosen Liebe. Ebenso kann Geld und Gut, die Arbeit zu einem Abgott werden, wo all das nicht mehr dem Leben dient, sondern vielmehr das Leben all dem geopfert wird, so dass man im Schaffen und in der Sorge um Absicherung, die in Wahrheit ein Zeichen von mangelndem Gottesvertrauen ist, am wahren Leben vorbei schuftet und dieses nie erreicht. Ebenso kann das rechthaberische Zanken um Nebensächlichkeiten ein Abgott sein. Viele sind hier einem Richtgeist erlegen, der sie aber auch selbst in Ängsten und Unfreiheiten hält.
Hätten die Hebräer damals in der Wirksamkeit des gesamten Verbundes all ihrer altgewohnten Götter Ägyptens das überragende All-Walten ihres eigenen Gottes erkannt, der sich ihnen nunmehr in Seiner alles überbietenden Macht-Fülle geoffenbart hatte, dann hätte es den Höchsten nicht zur Eifersucht gereizt, wenn sie deren Abbilder als Darstellungen der Fülle Seiner Allmacht und Allwirksamkeit Ihm hinzugesellt hätten.
Entsprechend war Salomo nicht von ungefähr von Gott dazu auserwählt worden, Ihm den Tempel zu errichten – jener strahlende Geist-gesalbte König Israels, der in seiner Herzensweite auch den Göttern aller umliegenden Religionen um das Heiligtum des Höchsten herum Kultstätten aufbauen ließ.
In seiner Weisheit stiftete Salomo damit Frieden und Eintracht zwischen den Völkern und Religionen, was einen vielfältigen, überreichen Austausch an geistlichen wie weltlichen Schätzen ermöglichte.
Überdies schuf Salomo gerade dadurch ein exaktes Abbild der himmlischen Verhältnisse, indem er alle Götter als Wirkkräfte ein und des selben höchsten Gottes um dessen Tempel in Jerusalem positionierte und so zugleich den Raum des Heiligen zur Welt hin in alle Richtungen öffnete und ausweitete, sowie dadurch augenscheinlich sichtbar werden ließ, dass Gott in alle Regionen des Kosmos einwirkt und überall – auch in anderen Religionen – zu finden ist und Verehrung erfährt.
Entscheidend aber war, dass Salomo damit ein Verbundenheitsgefühl unter allen Völkern und Religionen weckte, weil so alle selbst auch die gegensätzlich erscheinenden göttlichen Kräfte miteinander im Letzten einer einzigen höchsten Gottheit unterstellt und in Ihr gebündelt erkannten – unter einer universellen göttlichen Allmacht, die alles zum Besten aller durchwaltet und lenkt. Das machte Salomo zu einem strahlenden messianischen Friedefürst, dessen Ruhm doch alle Anstößigkeiten, die man seinerzeit in seiner vermeintlichen Vielgötterei sah, überstahlen sollte.
Mit Gott, dem Götter-Vater und allen Seinen Göttern, Gottes-Söhnen und Engeln, verhält es sich nämlich, wie mit einem Kaiser und dessen Statthaltern: Solange der Kaiser fern ist, ist den Statthaltern zu dienen, als wären sie selbst der Kaiser. Wenn der Kaiser aber gekommen ist, gilt Ihm allein alle Ehre, wenngleich das die Stellung Seiner Statthalter jedoch nicht aufhebt.
Erst da wird ein einzelner Gott mit seinem Bild zum Götzen und Abgott, wo er jenem un-darstellbaren Allerhöchsten Seine Stellung als dem einen, einzigen, über allen göttlichen Wirkkräften universal in aller Welt und in allen Religionen wahrnehmbaren Über-Gott streitig macht und für sich allein beansprucht.
Darum gibt es ebenso eine rechte wie unrechte Götter- und Engelsverehrung: eine, die dem Gottglauben dient und diesen bereichert, wie eine, die ihm entgegensteht, weil sie der unfassbaren Fülle der Gottheit in der Absolutsetzung einer einzigen, einseitigen Gottes-Darstellung und -Vorstellung Ihre universale Bedeutung streitig macht.
Die Götter aller Religionen entsprechen gleichsam den Engeln, die in der Heiligen Nacht aller Welt das gekommene Heil verkünden. Wer über dieser Frohbotschaft vor jenen Himmlischen in die Knie sinkt, huldigt damit nicht mehr ihnen, sondern der von ihnen einhellig bekundeten universalen Erlösung aus der allerhöchsten göttlichen Liebe in dem einen von ihnen verkündigten Gottes-Kind.
Bis dieses Evangelium der göttlichen Liebe, die schon gekommen ist, aber in allen Herzen recht aufgeht, tut darum jeder gut daran, die heiligen Schriften seiner eigenen, ihm vertrauten Religion nach jenem Heil zu durchforschen, ob er es wohl erspüren und erahnen möchte.
Andererseits können die Götterbilder anderer Religionen aber auch helfen, eine Ahnung von der weit unendlicheren Größe und Majestät Gottes, wie der schier unerschöpflichen Vielfältigkeit Seines Wirkens und den grenzenlosen Möglichkeiten Seiner Aushilfe zu erhalten.
In der Frage „Mono-Theismus (Ein-Gott-Glauben) oder Poly-Theismus (Viel-Götter-Glauben“ gibt es folglich nicht nur ein „entweder – oder“, sondern vielmehr auch ein „und“ – das des „Heno-Theismus (der Verehrung aller Götter als Wirkkräfte der Allmacht des einen Höchsten, der alles in allem wirkt)“: einer Anschauung, die nicht nur vermeintliche, rein oberflächlich gegebene, unvereinbar erscheinende Gegensätze doch miteinander zu verbinden vermag, sondern überdies den wahren jenseitig-überirdischen Gegebenheiten über das Wirken und Wesen der ganzen „Fülle der Gottheit“ – beziehungsweise „Götterheit“: „Elohim!“ – weitaus gerechter wird.
→ zum Original-Kapitel II.IV.III in der »Satya ›P‹raha«
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