2.9 Niederlage und Sieg
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Kapitel 2.9 „Niederlage und Sieg“ beschäftigt sich mit der Frage, wie die Einsichten des Glaubens zur Überwindung aller Widrigkeiten des Lebens und zur Freisetzung von allem Leiden führen.
Vor dem ewigen Gesetz des Karma, des unverbrüchlichen Tun-Ergehen-Zusammenhanges muss niemand erschrecken, denn dieses kosmische Prinzip ist verschlungen von der göttlichen Gnade. Dessen ungeachtet ist jeder dazu berufen, „Israel“, also „Gotteskämpfer“, zu sein und sich dem Bösen in der Welt wie in sich selbst zu stellen, um dies zu überwinden. Das ist die „Satya ›P‹raha“, das Eintreten für die Gerechtigkeit und Wahrheit.
Schändlich wäre es, das Vertrauen auf Gott hinzuwerfen. Der Zweifler und Zauderer sollte sich ein Beispiel an David nehmen, der nur mit einem Stein – welcher Christus ist – gegen einen Nephilim, einen Troll, den Goliath, antrat, und diesen mit seinem Bekenntnis zum Herrn aller Heerscharen zu Fall brachte. Er sollte lernen an Elisa, der seinem ängstlichen Jünger Gehasi, als die Feinde gegen sie anstürmten, erklärte: „Die mit uns sind, sind mehr, als die, die gegen uns sind“ und ihn auf der Anhöhe hinter ihnen das ganze himmlische Heer auf feurigen Wagen schauen ließ. Der Ängstliche soll sich gewiss sein: Auch wenn ein Maschinengewehr auf ihn gerichtet sein mag, so befindet sich hinter ihm in der unsichtbaren Wirklichkeit ein Panzer mit mächtigem Kanonenrohr.
Er soll sich darum nicht den Kopf zermartern, was er den Widersprechern und Verneinern entgegen halten könnte. Denn der Herr wird ihm Sein überführendes Wort in den Mund legen, dessen alles aufdeckender Wahrheit keiner widerstehen kann.
Auch wenn der Gotteskämpfer in den Wirren der Schlacht manchmal stürzen mag, so soll er sich nicht entmutigen lassen. Denn der in Gott Gerechte mag siebenmal fallen: Er steht immer wieder auf, weil er weiß, dass der Sieg der Liebe in Christus bereits errungen ist. Der Blick auf den Sieg Christi befreit von den feurigen Seraphen des Zweifels, die sich ins Gemüt bohren wollen. Der Blick auf den Sieg Christi hebt wieder aus den Fluten, in die Zweifel versinken lassen, wie es einst bei Petrus geschah. Wie Christus aus dem angsterfüllten Simon einen todesmutigen Petrus gemacht hat, der ein kräftiger Fels wurde, auf welchen der Herr Seine Gemeinde bauen konnte, so will Er auch Seinen neuen Apostel zu einem unerschrockenen Bekenner machen.
Da Christus den Sieg bereits errungen hat, kann letztendlich keiner mehr verlieren. Wer jedoch an diesem Sieg zweifelt, ist umfangen worden von der Lüge und Täuschung des Satans, so dass er keinen Anteil an Christi Sieg mehr hat und auf der Verliererseite steht. Darum gilt es, fest zu stehen in der Heiligen Schlacht der „Satya ›P‹raha“. Aber keiner, wie schlimm er auch versagen mag, muss sich aufgeben, weil auch Christus niemals irgend eine Seele aufgibt. So unterscheidet Sieger von Verlierern nicht, dass nur letztere fallen, sondern vielmehr, dass erstere immer wieder aufstehen, wie oft sie auch stürzen mögen.
Darum gilt es, stand zu halten, denn die ganze Welt wartet darauf, als Ruhmeskranz gewonnen zu werden. Es gilt, im Bewusstsein eines Christus, eines Sohnes des Christus, der mit den sieben Geistern aus allen Religionen gesegnet ist, aufzustehen und das universelle, in allen Religionen gegebene Evangelium zu verkündigen.
Wer in allem dem Herrn vertraut – in der Liebe, die Ihm in der Einfalt eines kindlichen Herzens alles zutraut, wird frei von allen Bindungen, in vertrauensvoller Schicksalsergebenheit unerschütterlich auf dem Weg hin zum großen Ziel.
Die Fehlgeleiteten, die den Unterschied zwischen „gut“ und „böse“ kennen wollen und alles nach ihren menschlichen Kategorien einteilen, umfangreiche Lehren entwickeln, wie das Heil zu erlangen sei, es in Abhängigkeit stellen vom Tun, und so die Menschen in knechtischem Geist an sich binden, im Grunde nur machthungrig sind und allein suchen, was ihr „Ego“ stärkt, die wissen in Wahrheit nichts.
Den wahrhaft erleuchteten Brahmanen, der eins mit Gott, Brahman, geworden ist, können all diese ausgeklügelten Lehren nicht mehr beeindrucken und irritieren. Er ist fest gegründet in der göttlichen Liebe, die ihm sein eigenes Herz bezeugt.
Wer in diese Siegesgewissheit der göttlichen Liebe eingegangen ist, schielt auch nicht mehr nach dem Erfolg seiner Taten. Ihm ist der Einklang seines Wirkens mit dem göttlichen Wirken Freude genug. Wer aber Hand an den Pflug legt und sich ständig umdreht, um den Erfolg seiner Arbeit zu sehen, zieht krumme Furchen. Ebenso sät ein Seemann einfach seine Saat aus und überlässt dessen Aufgehen dem Herrn der Saat. An zarten Pflanzen herum zu ziehen, um diesen beim Wachstum zu helfen, würde diese dagegen nur entwurzeln. Wer um die Kraft der göttlichen Liebe weiß, lebt und ruht in ihr, und kann, von ihr bewegt und gedrängt, doch nicht ruhen.
Wer gut handelt im Wissen, dass es hinlänglich ist, wie er handelt, der handelt wahrhaft gut, weil er es tut aus reinem Gefallen am Guten; wer aber gut handelt, weil er sich für sich selbst oder für andere etwas davon verspricht, der handelt in Wahrheit schlecht, weil er nur auf den Gewinn seiner Taten aus ist.
Für den wahrhaft Erleuchteten gibt es darum die Unterscheidung „gut“ und „böse“ nicht mehr, weiß er doch, dass Christus auch das Böseste zum Guten kehren wird. Gegen dieses reine Evangelium wird sich freilich Widerspruch erheben, ob dies nicht gottlose Seelen dazu verleitet, ungehemmt ihre Boshaftigkeit auszuleben, da ihnen letztendlich doch nichts Schlimmes droht, Gott selbst auch ihre Boshaftigkeit für Seine guten Ziele in den Dienst nehmen wird.
Aber gerade in dieser ambivalenten Wirkung des Wortes von der vorbehaltlosen Gnade offenbart sich die wahre Gesinnung aller, die es hören. Die einen wird es in die Heiligkeit führen, die anderen aber in ihr ungehemmtes Verderben. Da dies letztere letztendlich aber auch in den totalen Zerbruch führt, der sie für die unerfindliche göttliche Gnade bereitet, werden doch beide – ungeachtet der unmittelbaren Wirkung des Evangeliums auf sie – dadurch ihrem Heil schneller zugeführt.
Die Verkehrten würden auch ohne diesen beschwichtigenden „Freibrief zum Sündigen“ verkehrt bleiben, da sie Gottes Willen einen Dreck schert. So wird eben das Wort der Gnade, das sie verachten, über sie schlimmstes Gericht bringen, jedoch zu ihrem Zerbruch, der sie endlich aufbrechen wird für die Gnade.
Einen Verkehrten werden auch Gerichtsandrohungen nicht beeindrucken. Denn er ist schließlich schon unter dem Gericht des Geistes der Verblendung. Wer aber durch das göttliche Gericht bereits in den totalen Zerbruch geführt wurde, so dass er empfänglich geworden ist für den Zuspruch Gottes, der benötigt kein weiteres Gericht, sondern die aufrichtende Zusage der unverlierbaren göttlichen Gnade.
Darum kann und soll das Evangelium in Reinform verkündigt werden, nicht in der Zwiespältigkeit von „Ja“ und „Nein“. Denn in Christus ist kein „Nein“, sondern Er ist ausschließlich das „Ja“ und das Sein „Ja“ bekräftigende „Amen“.
Wer zu dieser letzten Erkenntnis der allumfassenden Gnade durchgedrungen ist, wird sich schließlich auch nicht mehr von den fleischlichen Drohworten in den heiligen Schriften, die den Sinn haben, das Fleisch in seiner Fleischlichkeit ins Verderben zu führen, um den Geist zu beleben, irritieren und verunsichern lassen. Denn er ist über Angst und Gericht hinweg, hinaus gehoben in die Gnade.
Wer so in dem Herrn gegründet ist, wird von allen Neigungen frei. Auf die Frage, wie man dort hin gelangt, erklärt der Herr, dass die Übung der Askese, des Fastens und Betens, so wie Mahatma Gandhi es praktiziert hat, dabei hilfreich ist. Dies ist zwar ein höchst beschwerlicher Weg, doch der Herr geht ihn mit und wird das gute Werk, das Er begonnen hat, indem Er bereits aus einem Feind durch Seine Freundlichkeit einen Freund gemacht hat, auch zu seiner Vollendung führen.
Schließlich ist alle Einübung von Verzicht sinnlos, wenn sie nicht motiviert und getragen ist von der sehnsüchtigen Suche nach intensiver Gemeinschaft mit dem Geist Christi. Nur hieraus gewinnt alles Streben, die eigene Ich-Haftigkeit zu überwinden, ihre rechte Motivation und Kraft. Vor allem aber ist Geduld auf diesem Weg von Nöten.
Es gilt, den Blick auf das Eigentliche, Wesentliche, Ewige, Beständige fest einzuüben, um keiner Verhaftung an wandlungsvollen Äußerlichkeiten mehr zu erliegen. Wer sich so auf das eigentliche göttliche Selbst konzentriert, das alles umgreift, der gleicht einem Schiff, das seinen Anker im tiefsten Grund gesetzt hat, so dass auch die schlimmsten Stürme es nicht mehr fortreißen können.
Für unerleuchtete Weltmenschen erscheint solch eine Einstellung als geistige Umnachtung. Die wahrhaft Erleuchteten erkennen jedoch, dass all jene, die ihrem Wirken irgend eine Bedeutung beimessen, in Wahrheit die Umnachteten und Irregeleiteten sind. Wer sich schließlich im Meer der Liebe versenkt, der erfährt, wie dieses Meer auch all sein ich-haftes Begehren verschlingt.
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