47 – Querdenker Origenes
Der hochgeachtete christliche Theologe Origenes war ein absoluter Querdenker.
Seine Ansichten bezüglich Reinkarnation und Allversöhnung
sind bis heute umstritten.
Inhalt – in aller Kürze
Der Reinkarnationsglaube findet sich schon in der Antike im Abendland
bei den griechischen Philosophen Sokrates und Platon in >Phaidon<.
Auch der griechische „Kirchenvater“ Origines lehrte
- die Prä-Existenz der Seele (vgl.Psalm 139,16; 63,10)
- die Reinkarnation, Transmigration (Joh Komm VI, 13, 74; Peri Archon II, 9,7; vgl. Theophilus von Alexandria: epistula 98,11)
(vgl. 5. Mose 32,39; 1. Samuel 2,6; Psalm 104,29-30; Prediger 1,5-11; 3,14-15) - den Tod und die Wiedergeburt des Kosmos in beständiger Äonen-Folge
(vgl. Römer 8,22; Hebräer 1,10-12; 1. Petrus 3,11-13; Offenbarung 20,11, 21,1) - die Apokatastasis Panton, die Allversöhnung
(vgl. Apostelgeschichte 3,21; 2. Johannes 2,1-2)
Im Überblick
Reinkarnationsglaube in der Antike:
die griechischen Philosophen Sokrates und Platon
Der Glaube an die Reinkarnation fand sich im Altertum und in der Antike keineswegs nur in Indien, im Hinduismus, sondern regelrecht weltweit. Damals nämlich verstand man sich noch darauf, die göttlichen Offenbarungen aus dem „Buch der Natur“ zu lesen (vgl. Römer 1,19; Text T38a, T38b, T48a, T49a)
Der Reinkarnationsglaube war auch im Abendland weit verbreitet (vgl. Text T41a). So wurde dieser Glaube beispielsweise von dem großen hellenistischen Philosophen Sokrates (469 – 399 n. Chr.), wie von seinem Schüler Platon (428 – 347 v. Chr.) in dessen Werk Phaidon entfaltet, gelehrt (vgl. Text T40d, T48b, T41b, T67). Sokrates rechnete auch mit einem zeitweiligen Verweilen der Seelen in verschiedenen Himmeln oder Höllen (vgl. Lukas 16,19-31; Text T37a, T40a, T48c) zu deren Läuterung nach deren Abscheiden und einer jeweiligen Beurteilung ihres Reifungsgrades nach einem durchlaufenen Lebenszyklus durch ein höheres Göttergericht (vgl. Text T22, T15, T81; Hebräer 9,27; Daniel 4,14).
Die Lehre des griechischen Theologen Origenes von der Präexistenz der Seele
Auch dem seiner Zeit hoch berühmten und geachteten griechischen Kirchenvater bzw. Kirchenlehrer Origenes (185-254 n. Chr.) wird nachgesagt, dass er die Reinkarnation lehrte. Origenes war nämlich nachhaltig vom Platonismus wie auch von der Gnosis geprägt, was nahelegt, dass er auch deren Überzeugung von einer Reinkarnation teilte (vgl. Text T40b, T48d). Origenes verband nämlich seine christlichen Überzeugungen mit den griechischen Erkenntnissen und erwies sich darin als ein grandioser, genialer Quer-Denker – allen „rechtgläubigen“ Kirchen-Obersten ein Ärgernis, dafür umso beliebter und angesehener aber beim nicht (explizit) christlichen Heidenvolk. Umstritten blieben seine Ansichten und Einsichten bis in die Gegenwart – in zweierlei Hinsicht: Umstritten, inwieweit seine Lehren sich mit dem christlichen Glauben vertragen; umstritten darum aber auch in der Hinsicht, inwieweit er alles, was man ihm nachsagt, tatsächlich so auch explizit gelehrt hat. Insbesondere umstritten ist die Frage: Lehrte Origenes tatsächlich eine Reinkarnation? Zumindest lehrte er gesichert eine vorgeburtliche Prä-Existenz der Seele.
Neu-Bildung der Seelen in der Unter-Welt, wohin sie nach ihrem Verscheiden fuhren
Nach Psalm 139,15 wird die Ur-Form der Seele als ein noch Un-Geformtes nicht etwa im Mutterleib, sondern in den Tiefen der Erde, in der Unter-Welt gebildet. Dies war zugleich auch der Versammlungsort aller Verstorbenen (vgl. Psalm 63,10; Matthäus 12,40; 1. Samuel 2,6; Text T40c, T42). Im Alten Testament wird öfters erwähnt, dass Gott die Seelen hinab ins Totenreich, das Scheol, fahren lässt und von dort wieder heraus ruft (vgl. 5. Mose 32,39; 1. Samuel 2,6). Dass es sich hier keineswegs (nur) um einen EINMALIGEN eschatologischen Vorgang einer universalen Auferstehung am Ende der Zeiten handeln muss (vgl. Johannes 11,24-25), sondern durchaus (auch) um einen BESTÄNDIGEN Vorgang handeln kann (vgl. Lukas 20,37-38; Römer 4,17), wird besonders in Psalm 104,29-30 deutlich. Dort heißt es: „Du nimmst ihren Lebensatem weg und sie vergehen und werden zu Staub. Du sendest Deinen Lebenshauch aus, so werden sie wieder geschaffen. So erneuerst Du beständig die Flächen des Ackers.“
Werden und Vergehen der Seelen als Wirkung der beständigen Atmung Gottes
Wie also in der Natur im Pflanzenreich sich der Vorgang der Erneuerung beständig wiederholt, so betrachtete man auch den Vorgang der Neu-Werdung nach dem Verscheiden als einen (im Diesseits bereits gegebenen) unablässigen Vorgang. Im Atem sah man das Leben. Ein Sterbender haucht seinen Lebensodem aus, der zu Gott zurück kehrt (vgl. Prediger 12,7); wenn Gott wiederum Seinen Lebensodem aushaucht, entsteht eine neue lebendige Seele (vgl. Genesis 2,6). Nun ist jedoch die Atmung ein unaufhörlicher Vorgang von Ein- und Aus-Atmen; und ebenso stellte man es sich von der göttlichen Kraft vor, aus der alles Leben entspringt (vgl. Hiob 34,14-15), den Lebensgeist allen Fleisches (vgl. 4. Mose 16,22; 27,16; Weisheit 12,1) – in einer beständigen Bewegung von Ein- und Aus-Atmen, wodurch Seelen das Leben genommen und wieder gegeben wird, wie sich der Acker des Feldes beständig erneuert.
Aus den Kreisläufen in der Natur schloss schon Salomo auf einen Kreislauf des Lebens
Auch der Weise König Salomo schloss schon aus den unaufhörlichen Kreisläufen in der Natur, der beständigen Wiederkehr der Sonne, ihrem immer neuen Aufgang nach ihrem Untergang, dem Kreislauf der Winde und des Wassers auf eine beständige Wiederholung von allem und eine unaufhörliche Rückkehr all dessen, was gewesen und vergangen ist (vgl. Prediger 1,5-11), und konstatiert: „Alles, was existiert, besteht ewig; und Gott sucht das Entschwundene immer wieder hervor“ (vgl. Prediger 3,14-15; Römer 4,17).
Die Äonen- und Allversöhnungs-Lehre des griechischen Theologen Origenes
Nachdem Origines die Prä-Existenz der Seele, also schon ihr vor-geburtliches Dasein, lehrte, womit jede Geburt sich im Grunde nicht von der Auferweckung einer schlafenden verstorbenen Seele unterscheidet (wie es auch Römer 4,17 nahe legt), lag die Schlussfolgerung freilich nahe, jener christliche Lehrer vertrete damit die Auffassung einer beständigen Reinkarnation, so dass Origenes wegen seiner Lehre, die Seelen seien schon vor ihrem Eintritt in ein irdisches Dasein existent, drei Jahrhunderte später, im Jahr 553 n. Chr. – neben seiner Lehre von der Apokatastasis Panton (der All-Versöhnung – vgl. Apostelgeschichte 3,21; 2. Johannes 2,1-2; Text T37b, T71, T72) auf dem Konzil von Konstantinopel unter den kirchlichen Bannfluch kam (vgl. Text T40e).
Gesichert ist immerhin des Origenes Lehre von einer Wiedergeburt der Welt(en) nach deren jeweiligem Untergang bei jeder Äonenwende, in seiner Äonenlehre (vgl. Römer 8,22; Hebräer 1,10-12; 1. Petrus 3,11-13; Offenbarung 20,11, 21,1). Inwieweit er eine Reinkarnation auch der Einzel-Individuen lehrte, wird als umstritten angesehen – vielleicht auch darum, weil andernfalls die Kirchen, die ihn als Glaubensvater ansehen, in Erklärungsnöte kämen.
Origenes war offensichtlich auch von der Reinkarnation überzeugt
Bereits im Jahre 399 n. Chr. wurde Origenes von dem Patriarch Theophilus von Alexandria verdammt, der in seinen epistula (98,11) bezüglich Origenes fragt: „Was soll das bedeuten, wenn er erklärt, die Seelen würden wiederholt an Körper gefesselt und wieder von ihnen getrennt?“ Schließlich erklärte Origenes in unmissverständlicher Weise in seinem Kommentar zum Johannesevangelium, dass die Vorstellung bzw. der „Begriff der Reinkarnation durchaus einleuchtend“ sei (Joh Komm VI, 13, 74; Text T49b); und in seinem Kommentar zur biblischen Geschichte von Jakob und Esau ist (wahrscheinlich bezugnehmend auf Römer 9,11-13 in Peri Archon II, 9,7) zu lesen: „Wir müssen annehmen, dass er (Jakob) aufgrund von Verdiensten eines früheren Lebens …. dem Bruder vorgezogen wurde.“ (vgl. Weisheit 8,19-20; Text T39a, T39b, T45)
Trotz seiner späteren Verketzerung bleibt Origenes – auch wirkungsgeschichtlich – der größte Theologe der Ostkirche (vgl. Text T55). Mit bereits 18 Jahren übernahm er in Alexandrien die Leitung der ersten christlichen Universität. Wegen seiner Selbstkastrierung (nach Matthäus 19,12) von seinem Bischof 231 n. Chr. exkommuniziert und verbannt, machte er Caesarea in Palästina zu einem neuen Zentrum christlicher Wissenschaft. Sein Ruhm erscholl durch das ganze Reich, weit über das Christentum hinaus. Er war einer der größten Schriftgelehrten seiner Zeit und verfasste selbst über 6.000 Schriften, neben unzähligen Episteln u.a. die erste christliche Dogmatik “De prinzipis”. Origenes starb unter Kaiser Decius, wie schon einst sein Vater, als Märtyrer für Christus.
In Hinblick auf die Reinkarnation verwarf Origenes lediglich die Vorstellung einer möglichen Reinkarnation in Tierkörper (vgl. Text T49c), was gerne verallgemeinert als eine grundsätzliche Ablehnung der Lehre einer Transmigration (Seelenwanderung) gedeutet wird.
Origenes als absoluter Querdenker war seiner Zeit in jedem Fall meilenweit voraus –
insbesondere in der Einsicht, dass sich auch außerhalb der jüdisch-christlichen Offenbarung
göttliche Wahrheiten finden,
deren Aufnahme auch den christlichen Glauben nicht etwa trüben,
sondern bereichern und erhellen können (vgl. 1. Korinther 13,9; 3,18; Philipper 4,8).
Denn Origenes wusste: Christus war niemals nur der Gott einer einzigen Religion,
sondern von je her reich für ALLE!
(vgl. Jesaja 41,4-5; Maleachi 1,11.14; Apostelgeschichte 17,27-28; Römer 3,29; 10,12-13.18)
Das ist auch das großartige Christus-Evangelium, wie es in dem Buch Satya ›P‹raha – Das große Christus-Mysterium entfaltet wird, auf das diese Web-Seite hinweisen will.
Bezogen auf das behandelte Thema
im acht-bändigen Werk “Satya ›P‹raha – Das große Christus-Mysterium” (SXP)
SXP I, 183: | Die Auferstehungs-Hoffnung umfasst weit mehr als nur die letzte, vollendete Auferstehung, nämlich die beständige Wieder-Erweckung zu neuem Leben |
SXP III, 144: | Der Geist Gottes brach sich zeitweise immer wieder Bahn: in den Apologeten, die Prophezeiungen auf Jesus in anderen Religionen und Philosophien fanden, in Origines und der unterdrückten Gnosis; so bekam die Kirche immer die Ketzer, die sie brauchte – Gottes Propheten – wie etwa Maleachi, der schon den Juden erklärte, dass Gott in allen Religionen geehrt wird |
SXP IV, 256: | Kirchenvater Origines lehrte die Wiedergeburt und Allversöhnung |
weitere Fundstellen im Nachschlagewerk der ›Fundgrube‹ unter
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Origines